Das Ziel des christlichen Lebens ist die Vergöttlichung. Der erste Schritt des Aufsteigens zu Gott bildet die Reinigung von allen Leidenschaften und Versuchungen. Erst nach dem Erlangen der völligen Leidenschanslosigkeit, nachdem man der irdischen Welt entsagt hat, ist die oberste Stufe erreicht und damit der Eintritt in das geistige Schauen eröffnet, und nur auf dieser Stufe läßt sich das höchste Ziel der Askese verwirklichen: die Einswerdung mit Gott, die Vergöttlichung. Nicht die Seele, sondern der Geist ist es, der nach der völligen Abtötung alles Irdischen im verzückten Zustand bis zur geheimnisvollen Gottschau erhöht wird. Das Schauen ist der Hauptinhalt des mystischen Lebens. Man kann es nur durch innere Sammlung und Gebet erreichen. Die innere Sammlung besteht darin, daß man die Gedanken beständig auf das Vollkommene hingerichtet hält, das heißt, sie ist ein Zustand, in dem der Mensch alle Funktionen seines Geistes beherrscht. Dieses Sich-sammeln bedeutet völlige innere Einsamkeit und Abgeschiedenheit. Der Streiter, der noch im Anfang der Askese steht, braucht aber noch eine äußere Einsamkeit und Trennung von der Welt. Das kann er nur durch ein Leben in der Einöde oder in einem Kloster erreichen. Sich-sammeln: das heißt, seinen Geist auf sich selbst zurückführen, sich von der Welt loslösen und in Schweigen versinken. Gehorsam und Gebet stehen im Mittelpunkt des asketischen Tuns . Durch Gehorsam werden viele seelische Schwächen und Lüste überwunden. Gregor der Sinait schreibt-“Das Gebet des Anfängers ist wie ein Feuer, das aus dem Herzen ausbricht, das Gebet des Vollkommenen aber wie ein Licht, das still im lnnern brennt und einen köstlichen Geruch verbreitet. Mit andern Worten: das Gebet ist Predigt der Apostel, Wirkung des Glaubens, oder besser gesagt: der unmittelbare Glauben, Verwirklichung alles HoHens, Erscheinung der Liebe, Antrieb der Engel, Kraft der Körperlosen, ihre Beschäftigung und Freude, Botschaft Gottes, Bezeugung des Herzens, Hoffnung au.f Errettung, Kennzeichen der Weihe, Bad der Reinigung, Pfand des Heiligen Geistes, Freude Jesu, Fröhlichkeit der Seele, Barmherzigkeit Gottes, Zeichen der Versöhnung, Siegel Christi, Strahl der Geistessonne, Morgenrot der Herzen, Grundsäule der Christenheit, Erscheinung der Versöhnung Gottes, seine Gnade, seine Weisheit oder besser: der Anfang seiner Weisheit; das Tun der Mönche, das Leben der Schweigenden, die Quelle der Abgeschiedenheit, Zeugnis engelgleichen Lebens. Das Gebet ist Gott, der alles in allem vollbringt. Denn wer alles im Namen Tesu Christi vollbringt, hat eine Kraft mit dem Vater, dem Sohn und dem heiligen Geiste.”
Das Starzentum als eine Einrichtung ist eine sehr alte Erscheinung im Leben der Ostkirche. Einerseits steht es im Zusammenhang mit der Geschichte der Bußübung, anderseits mit der Entwicklung des Klosterwesens im allgemeinen. Der Starez war ein geistiger Vater, der einem Mönch in seinem Entsagungskampfe führend zur Seite steht. Der Starez ist das Herz aller gläubigen Herzen, die von ihm Rat erbitten. Der Starez ist der Wille zur religiösen und sittlichen Vervollkommnung aller gläubigen Herzen: die Menschen, die sich ihn zu ihrer Führung auserwählen, entsagen ihrem eigenen Willen gänzlich.
Im Kloster verwaltet er meist gar kein Amt; er ist der geistige Führer und Berater, um ihn scharen sich die Insassen des Klosters, die seine Schliler sind, und demütig und verantwortungsbewußt nimmt er die schwere pflicht auf sich. Offenherzigkeit und Gehorsam, Demut und Aufrichtigkeit des geistigen Sohnes, Herzenswärme und gerechte Strenge des führenden Starez bilden Inhalt und Wesen der beiderseitigen innigen Beziehungen, die überstrahlt sind von der göttlichen Liebe, in der beide leben. So erfährt die aufgeschlossene Seele die süße Innigkeit des Gebets, die allsiegende Macht der Liebe und die ganze Gnadenfülle des wahrhaften Lebens in Gott und im auferstandenen Christus. Das Starzentum ist eine der Askese eigentümliche Erscheinung, es hat stets seine eigenen christlich-asketischen Anschauungen gepflegt und dabei vorzüglich einige Seiten der Askese hervorgehoben, die es als grundlegend und unbedingt notwendig für den Heilsweg der Seele bezeichnete und in den Vordergrund ailer Erziehung stellte: den Gehorsam und das Gebet. Für die Kirchenväter und altchristlichen Asketen ist unsere irdische Wanderung nichts anderes als eine Vorbereitung zum ewigen Leben, zur Theosis, zur Vergöttlichung, und die Mittel hjerzu werden uns in den asketischen übungen gegeben. Aber unter den geistigen Tugendsprossen, die auf der Paradiesleiter stufenweise aufwärts fühlen, ist der Gehorsam, bereits sehr früh, von den Altvätern hervorgehoben worden. Die Idee der geistigen Führung, das Starzentum, ist aufs engste verknüpft ntit dem Gehorsam. Die geistige Führung wird erst durch den Gehorsam wirksam und fruchtbar.
Der heilige Nil Sorskij
Der heilige Paisij Welitschkowskij
Der heilige Ignatij Brjantschaninow
Der heilige Makarij von Optina
Der heilige Amwrosij von Optina
Der heilige Serafim von Sarow
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